(von Pia Fridhill) Eher selten als oft lese ich ein Buch, das ich nicht wieder vergesse, das mich in meinem Innersten berührt, entweder mit poetischer, schöner Sprache, wie Alice Walkers „Die Farbe Lila“, oder, wie Aldous Huxleys „Brave New World“, mit einer kraftvollen, philosophischen Botschaft. Irgendwie ist es schwierig, heutzutage Bücher dieser Art zu finden, aber dann passierte es doch: ich entdeckte „All the Bright Places“ von Jennifer Niven (der deutsche Titel ist „All die verdammt perfekten Tage“).
Ich las diese Geschichte über zwei suizidale Jugendliche im Urlaub in Frankreich, im April 2016. Als die beiden Protagonisten sich gegenseitig vor dem Selbstmord bewahren, entsteht eine Liebesgeschichte, die mich mit ihrer wundervollen Sprache durch die üppige Landschaft der Provence begleitete. Ich war so erfasst, dass ich einige Passagen in mein kleines rotes Notizbuch schrieb, wie z.B. „May your eye go to the sun, to the wind your soul”. Dieses Zitat ist tatsächlich ein Vers eines alten vedischen Lobgesanges, wie ich später herausfand, aber die Autorin Jennifer Niven erweitert es mit „You are all the colours in one, at full brightness“, etwas so Elegantes werde ich mir wohl erst in meinem nächsten Leben als ernsthafte Schriftstellerin ausdenken können.
Ein paar Monate später, im Sommer, verbrachten wir einige Wochen in meiner Heimat Schweden. Wir wohnten in einem traditionellen Bullerbü-Häuschen auf/in? den Schären im Süden, wo auch meine Familie lebt. In dieser dringend benötigten freien Zeit machten wir nichts außer schlafen, schwimmen, essen und zusammen sein, nicht mal Songwriting. Mir ist oft aufgefallen, dass Songwriting ein Prozess ist, der meist dann einsetzt, wenn man in einer bestimmten Gemütsverfassung ist, und zwar definitiv nicht gestresst, erschöpft und müde.
Nach einer gewissen Erholungszeit kommen Jens und ich aber eigentlich immer in einen solchen entspannten Zustand. Als dann unser Pianist Stefan Michalke gegen Ende unseres Aufenthalts zu Besuch kam, setzten wir uns zusammen und versuchten uns an ein paar Akkordfolgen, die Jens sich beim Fußball-Schauen ausgedacht hatte (das macht er gerne). Obwohl die Notizen von ‘All the bright places’ super zum Song passten, stellte sich das Zusammenfügen als schwerer heraus, als ich gedacht hätte. Aus irgendeinem Grund stolperte ich immer wieder über die Silbenverteilung, aber dank Jens’ Hilfe fanden wir einen ungewöhnlichen Anfang für die erste Strophe - und von da an funktionierte es.
Die erste Hookline „The way you look at me” endete mit der Bridge und die zweite – „as if there’s only me, only me, mmm“ führte zum Refrain. Auf das „mmm“ war ich besonders stolz, weil es das erste Mal war, dass ich mir zugestand, ein sexy-unschuldiges „mmm“ anstelle eines richtigen Worts zu singen…das gefällt mir irgendwie. Eine ganze Weile später, als wir den Song für die Studioaufnahmen arrangierten, kam uns die Idee, dem Song eine Santana-Note zu geben. Adam Rafferty setzte das ohne zu zögern um, indem er ein verzerrtes Gitarrensolo in der Mitte des Songs, direkt nach einem Bossa Nova-Passage, platzierte.
Wir genehmigten uns noch ein laaaanges 70er Jahre Solo Outro, bei dem Stefan und Adam mit Grand Piano und verzerrter E-Gitarre um die Wette spielen, Runde um Runde um Runde. Es war ganz schön schwierig für mich, später im Studio zu entscheiden, an welcher Stelle das Lied zu Ende gehen sollte, weil die beiden so fantastisch spielten. Daher wurde es ziemlich lang, aber ich liebe es! Der Song hat einen luftigen, sonnigen Charakter entwickelt, als würde er an einem schönen Nachmittag aus einem kalifornischen Radio tönen – eigentlich ein bisschen wie Sommerurlaub in Schweden! Ich hoffe, er gefällt euch!